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Und der Himmel glühte...

Der gestrige Tag fing zunächst relativ unspektakulär an. Vor dem Ausflug auf den Storstein (großer Stein), dem "Hausberg" von Tromsø, ging es zunächst noch eine Runde durch das Hafenviertel, wo ich mir ein paar schicke Fotos mit ordentlich Industrieromantik erhoffte. Wie die ersten Bilder zeigen, wurde ich nicht enttäuscht, ganz im Gegenteil. Danach war noch ein kurzer Ausflug ins Polarmuseum angesagt, da ich erst mit der Seilbahn die 400 Meter hochfahren wollte, wenn es gegen 14 Uhr schon wieder dunkel wird - das versprach einfach die besseren Bilder. Jedem, der sich auch nur ein wenig für die Geschichte der Erkundung der Arktis (und Antarktis) interessiert, sei dieses Museum wirklich ans Herz gelegt, es bietet allerdings fast schon zu viele Informationen, um alles aufzunehmen.

Kurz darauf ging es dann per Bus zur Teilstation der Seilbahn (norwegisch Fjellheisen) und dann gleich hoch hinaus in die eiskalten Höhen über der Stadt, ein herrliches Panorama inbegriffen. Da es noch nicht ganz dunkel war, konnten noch die paar Meter zur besseren Aussichtsplattform zurückgelegt werden. Dabei musste man allerdings aufpassen, dass die Schneemassen einen nicht verschluckten - wie die Einheimischen einmütig bestätigen, ist die vergangenen zwei Wochen wirklich unglaublich viel Schnee gefallen... Während einer kleinen Stärkung im Café der Bergstation verschlechterte sich allerdings rasend schnell das Wetter. Von Norden kam eine dichte Wolkenwand auf die Stadt zu, welche Tromsø innerhalb von wenigen Minuten verschwinden ließ. Kurz darauf brach ein heftiger Schneesturm auf der Bergstation los. Im Freien hat man es kaum eine Minute ausgehalten, für solche Wetterkapriolen bin ich dann vielleicht doch nicht so gut ausgerüstet. ;-)

Der Sturm flaute allerdings recht schnell ab, allerdings kam die Stadt nicht mehr zum Vorschein. So war der Rückweg bereits fast angetreten, als es im Tal immer heller wurde. Schnell ging es die Treppe der Seilbahn wieder nach oben und es wurde die Kamera ausgepackt. Die Wolkenwand war so schnell verschwunden, wie sie gekommen war. Die Krönung war allerdings, dass sich zum ersten Mal seit Tagen der Himmel gezeigt hat, während im Tal schon überall die Lichter brannten. Wahnsinn! Nach einer gewissen Zeit wurde es dann aber trotz der schönen Aussicht ein wenig zu kalt, weswegen ich die nächste Seilbahn ins Tal bemühte. Vom schnell umschlagenden Wetter und den schlechten Aussichten desillusioniert, war ich in der Touristeninfo schon drauf und dran, eine Schlittenhundetour zu buchen, oder Wale per Schiff anschauen zu gehen, als die nette Dame darüber aufgeklärt hat, dass die Nordlicht-Führer am Abend durchaus aufbrechen und vorsichtig optimistisch sind. Verzweifelt und ungläubig wurde also dafür die Kreditkarte gezückt und ein Platz in einer Nordlichttour zum Gegenwert einer Musicalkarte im besten Rang gebucht.

Im Bus angekommen wurden die versammelten Touris aus aller Welt zunächst nett begrüßt und gleich ein wenig Erwartungsmanagement gemacht. Die Führerin versprach 6 Stunden in netter Gesellschaft mit Unterhaltung, frischer Luft, Kuchen und heißem Tee und meinte, man solle die Nordlichter als netten Bonus sehen, den es evtl. dazugibt. Draußen schneite es wieder ordentlich und ich begann mich so langsam mit dem Gedanken anzufreunden, heute wirklich nur frische Luft und kalte Füße zu bekommen. Bei der Gelegenheit muss ich mich nochmal darüber wundern, wie manche Zeitgenossen in der Stadt überleben können. Ein Tourist aus Singapur kam zur Führung mit einem dünnen Mantel und schicken Schuhen mit glatter (!) Sohle. Quasi als Belohnung, dass er es durch die Stadt bis zum Bus damit geschafft hat, bekam er ein dickes Winterpaket von der Führerin für die Dauer der Tour zum Ausleihen. Gemächlich setzte sich der Bus dann in Bewegung, wobei die Geschwindigkeit außerhalb der Stadt durchaus als atemberaubend zu bezeichnen war - wir waren nämlich mit dem angegebenen Maximaltempo unterwegs und das auf schneeweißen Fahrbahnen. Bei uns in Deutschland wäre bei solchen Verhältnissen längst der Verkehr zusammengebrochen und wir heizen hier mit 80 km/h durch die Dunkelheit...

Nach wenigen Kilometern begann das Wunder, der Himmel klarte fast vollständig auf und man konnte zum ersten Mal die Sterne sehen - wie viele in der menschenleeren Gegend am Himmel waren, war wirklich unglaublich. Da merkt man, wie lichtverschmutzt Deutschland am Ende doch ist. Beim ersten Halt zeigte sich allerdings noch kein Schimmer am Himmel, weswegen wir noch einige Dutzend Kilometer weitergefahren sind. Am zweiten Stopp sah es aber schon besser aus. Zuerst war da nur eine leicht unwirkliche Wolke zu sehen, die sich dann aber doch recht schnell zu einem grünen Leuchten verfestigte. Also schnell Kamera, Stativ und Fernbedienung aus dem Rucksack geholt, aufgebaut und draufgehalten. Leider musste ich ein wenig Abstand zur Gruppe halten, weil die versammelte Meute - speziell die Leute aus Fernost - gleich kräftig per Blitz auf das Schauspiel draufgehalten hat. Das war dann doch ein wenig ärgerlich, vor allem, da die Guten eine Änderung der Einstellung auch dann nicht in Erwägung gezogen hatten, als die Führerin nett drauf hingewiesen hatte, dass die Nordlichter weit über 100km in der Atmosphäre leuchten und man wohl kaum einen Blitz dabei hat, der so weit reicht. Selbst wenn das der Fall gewesen wäre, ich hätte mich schnell aus der Gegend verdrückt - die dann auch weiterhin nicht sichtbaren Nordlichter wären dann die kleinste Sorge gewesen. ;-)

Als alles in Position war, konnten dank guter Kamera und Langzeitbelichtung Fotos entstehen, auf denen die Nordlichter noch deutlich besser aussehen als in Wirklichkeit. Einfach nur wunderschön! Mit kalten Füßen aber überglücklich ging es nach etwas mehr als einer halben Stunde wieder in Bus - auf zum Rastplatz, wo uns leckerer Kuchen und heißer Tee erwarteten. Auf dem Weg dahin mussten wir allerdings eine kurze Zwangspause einlegen, ein LKW hatte sich auf die Seite gelegt, der war entweder unvorsichtig oder zu schnell oder beides... Die Führerin hielt die Gruppe allerdings mit der Aussicht auf beheizte Toiletten und einem Fingerzeig aus dem Fenster bei Laune - über uns glühte der Himmel.

Kurz darauf ging es dann allerdings doch weiter und wir erreichten nur kurz danach den Rastplatz knapp 40 Kilometer vor dem Dreiländereck mit Schweden und Finnland. Frisch gestärkt ging es dann leider wieder auf den Rückweg, wobei die Speicherkarte ja voll mit wertvollen Daten war, die es heil ins Hostel zu bringen galt. Mitten in der Nacht erreichten wir dann wieder Tromsø, hundemüde aber überglücklich. Heute war dann erstmal Ausschlafen angesagt. Beim Frühstückstisch kurz vor 12 erzählten dann noch zwei Kanadierinnen, dass sie gestern ähnliches Glück hatten, aber auch ein Pärchen kennen, die vorgestern bereits auf der dritten (erfolglosen) Tour waren und ironischerweise gestern keinen vierten Versuch gewagt hatten. Echt schade für sie!



Und heute? Es gibt wirklich nichts Relevantes für die Nachwelt zu erzählen, außer vielleicht einem kurzen Fototermin mit der Eismeerkathedrale und einem Besuch im Universitätsmuseum. Ein wenig Rumgammeln darf auch mal sein, die große Arbeit wartet kommende Woche im Büro und bei der Masterarbeit früh genug!

















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