Auf den Spuren von Walter Mitty

Ich muss sagen, dass ich einfach nicht gewohnt bin, mit so großen Geldbeträgen zu hantieren. Gestern bucht die nette Dame an der Mautstelle gleich mal lockere 1000 Kronen von meiner Kreditkarte ab, ein Frühstück liegt nur unwesentlich drunter und eine Übernachtung geht selbstverständlich in den fünfstelligen Bereich. Ich überlege jedes Mal, ob ich gleich ins Armenhaus gehen darf, oder ob es wirklich harmlose Preise auf skandinavischem Niveau sind. Zum Glück gilt letzteres, allerdings ist ein Umrechnungskurs von 1:150 doch sehr gewöhnungsbedürftig.


Bis auf die Schocker an der Kasse fing der Tag heute ausgesprochen locker an. Nachdem ich mich in der nahgelegenen Bäckerei eingedeckt hatte, wollte ich erst einmal ein paar Lebensmittel für unterwegs einkaufen. Allerdings habe ich nicht damit gerechnet, dass der Discounter um die Ecke (Bonus) erst um 11 Uhr (!) morgens öffnet. Über eine Stunde auf dem Parkplatz rumzustehen ist dann doch keine besondere Aussicht, weswegen es ohne Vorrat in Richtung Halbinsel Snæfellsnes ging. Das Wetter hat heute früh die üblichen isländischen Kapriolen geschlagen - auf 10 Minuten knalligen Sonnenschein folgte 5 Minuten Platzregen und dann ne halbe Stunde Tröpfeln, bis es wieder von vorne losging. Macht ja nix, mein Auto hält mich warm und trocken bzw. kühl, sodass ich entspannt in Borgarnes angekommen bin. Da danach 50 Kilometer Moorlandschaft ohne viel Zivilisation auf mich warteten, habe ich die Viertelstunde bis zur Öffnung des dortigen Bonus gewartet und mich dann erstmal ordentlich eingedeckt. Im Laden war ich erstmal ein wenig irritiert, warum die Obst- und Gemüseabteilung sowie die Käse-/Fleischabteilung in eigenen abgetrennten "Abteilen" untergebracht waren. Nachdem ich da mal reingestiefelt bin, war mir das aber schlagartig klar: Die haben keine Kühltheke, die haben ganze Kühlräume für die besagten Lebensmittel - es ist draußen ja mit 10-15 Grad nicht wirklich warm, da wird man aber nochmal auf höchstens ein paar Grad über Null runtergekühlt. Energie ist auf Island eben günstig zu bekommen...


Im angeschlossenen Café habe ich mir vor der Weiterfahrt erstmal einen doppelten Cappuccino gegönnt (krasses Zeug, denke, da hätte ein einfacher schon Herzflattern verursacht!), als mir schicke Bilder aus dem Film "Das erstaunliche Leben des Walter Mitty" ins Auge fielen, die an der Decke des Cafés hingen. Witzigerweise konnte man passend dazu direkt durch die Fenster schauen - das war 1:1 die Kulisse aus dem Film.



So ging es also durch eine menschenleere Mondlandschaft vorbei an Vulkankratern und einem beeindruckenden Panorama nach dem anderen. Überraschenderweise war die Straße sehr gut ausgebaut - ich hatte ja schon Angst vor den berüchtigten Schotterpisten. Bisher habe ich allerdings deutlich weniger Schlaglöcher pro Kilometer als in Deutschland gesehen... Unterwegs musste ich immer wieder anhalten, um diese ewige Weite einfach mal zu genießen und vor allem die Stille in mich aufzusaugen. Es kam durchaus vor, dass minutenlang kein Auto ich Hörweite war - auf der Fahrt kam mir zeitweise kilometerlang niemand entgegen - unglaublich! Sehr oft sieht man Schafe und vor allem Island-Pferde am Straßenrand. Besonders letztere sind unglaublich schöne Tiere - da bereue ich es doch, dass ich ziemlichen Respekt vor Pferden habe, seit mich in früher Jugend mal eins abgeworfen hat.



Zurück am Auto wollte ich dann einfach nur noch zu meinem Ziel für heute, dem schmucken Örtchen mit dem unaussprechlichen Namen Grundarfjarðarbær, oder etwas einfacher Grundarfjörður. Ist sehr malerisch hier - eingerahmt von den schneebedeckten Bergen der Halbinsel direkt an einer schönen Bucht - und Cat Content gibt's auch noch dazu.
















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