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Toller Kurzurlaub mit stressigem Abschluss

Der Kurzurlaub ist vorbei und ich bin wieder wohlbehalten zu Hause angekommen. Hier kann ich allen die besuchten Orte nur empfehlen. Hinzu kommt: Im Winter ist außerhalb der Schulferien offensichtlich nirgendwo was los, was für ein entspanntes Besichtigen sorgt.

Die über 850 km von Stralsund in die Rhein-Neckar-Gegend habe ich wie bereits angedeutet nicht an einem Stück zurückgelegt, sondern habe in der schönen Stadt Münster noch einen Zwischenstopp eingelegt. Nur hat ein Monster-Stau meinen Plänen einen Strich durch die Rechnung gemacht, den Abend gemütlich verbringen zu können.

Auf der A1 zwischen Hamburg und Bremen gab es gestern einen schweren Unfall mit geschätzten 800.000 Euro (!) Sachschaden, aber zum Glück keinen Toten. Der einzige Schwerverletzte ist wohl außer Lebensgefahr. Den genauen Bericht von der Polizei gibt es hier: Schwerer Unfall auf der A1. Ich stand über drei Stunden in diesem Monster-Stau, es ging Zentimeter um Zentimeter voran, während hinter mir der Stau immer weiter wuchs. Der NDR war so nett, erst gute zwei Stunden nach der ersten Meldung die Ausweichroute über die A7 und A27 vorzuschlagen, das war für mich deutlich zu spät. Den Stau gab es schon vorher, nur kann man als Auswärtiger mit den Namen der Anschlussstellen wenig anfangen. Ich werde nie verstehen, warum die nicht auch noch die Nummern dazusagen, damit man sich wenigstens grob orientieren kann und selbst gut eine Ausweichroute planen kann... Oder ich brauche ein TMC-fähiges Navi... ;-) Von der Polizei ausgeleitet, wurde der Stau auf der Ausweichstrecke immer schlimmer, in der nächsten Gemeinde angekommen, konnte ich mich dann abseits des Staus doch noch auf die Alternativroute durchschlagen. Hier lief es dann wieder flüssig bis zum Ziel.

Nun, ich bin hundemüde und freue mich auf den nächsten Ausflug. Kommende Woche geht es aber erst mal wieder arbeiten...

Im toten Winkel der Republik

     

    Anlässlich der letzten Landtagswahlen in Mecklenburg-Vorpommern nannte der SPIEGEL die Ecke, in der ich momentan unterwegs bin, den "toten Winkel der Republik". Hier feierte die rechtsextreme NPD ihre Wahlerfolge - großflächig mit Ergebnissen im zweistelligen Prozentbereich. Groß scheint die Perspektivlosigkeit in den vielen kleinen Dörfern hier in der Umgebung, die wohl zu großen Teilen für diesen großen Zustrom zu den Nazis verantwortlich ist. Traurig dabei ist wirklich, dass ich die Ortsnamen, die ich heute auf meiner Tour von den Schildern gelesen habe, größtenteils wirklich nur von der Wahlnachberichterstattung von vor zwei Jahren kenne. Diese Negativschlagzeilen dürften bei einigen auch dazu führen, als Touristen wie Investoren genau diese Ecke zu meiden. Und gerade im Tourismus könnte man neben den bereits erschlossenen Gebieten wie Rügen und Usedom sicherlich noch einiges machen. Sind wirklich ein paar schöne Ecken hier dabei, auch wenn ich vieles nur vom Vorbeifahren gesichtet habe - hatte eben meine Ziele und die hießen nicht Nazi-Hochburgen besichtigen.

    Nachdem ich gestern morgen Berlin - genauer der SAP-Geschäftsstelle - noch einen kurzen Besuch abgestattet habe, ging es auf der brandneuen Ostseeautobahn A 20 in Richtung Stralsund. Hier konnte ich froh sein, dass mir alle paar Kilometer ein Auto begegnet ist - das zur Eröffnung prognostizierte "geringe Verkehrsaufkommen" kann ich also bestätigen, auch wenn ich nicht wirklich zur Rush Hour unterwegs war. Nun, in der Jugendherberge im Stralsunder Vorort Devin angekommen, wurde ich wieder nett begrüßt und mir wieder eröffnet, dass ich der einzige Gast sei. Gut, so langsam habe ich mich damit abgefunden, dass außer mir wohl kaum jemand mehr Urlaub hat und die Leute bei den Temperaturen lieber zu Hause bleiben.

    Kurz vor Einbruch der Dunkelheit wollte ich dann noch Kap Arkona auf Rügen erreichen, was sich schwieriger erwiesen hat, als ein flüchtiger Blick auf die Karten erahnen ließ. Zunächst hat mich mein sonst zuverlässiges Navi über Straßen geschickt, die schon zu Kaisers Zeiten renovierungsbedürftig gewesen sein müssen. Dann habe ich eine Passage von vielleicht 300 Metern über Wasser als Brücke interpretiert - hier geht's aber nur mit der Wittower Fähre auf die andere Seite. Gut, habe dann in Putgarten wohl eine der letzten Bahnen zum Kap noch bekommen - war auch hier der Einzige im gesamten Gefährt... Oben angekommen wurde ich dann aber für meine Mühen entschädigt. Die langsam einsetzende Dämmerung erzeugte mit den Leuchttürmen im Vordergrund phantastische Bilder. Nach einem kurzen Spaziergang - auch am Sandstrand unten, bin ich dann wieder zu Fuß die grob 2 km zum Parkplatz zurückgelaufen - die Bahnen fuhren ja nicht mehr. Zurück in der Jugendherberge hat dann die Speicherkarte teilweise wieder rebelliert - ein guter Teil der Bilder war nicht mehr vorhanden, die Dateien wurden in kryptischen Zeichen angezeigt. Zum Glück war die Reparaturprozedur erfolgreich - nur der Abend war damit komplett gelaufen.

    Heute morgen erfuhr ich aus dem Radio, dass der Regen in der Nacht wirklich große Teile Mecklenburg-Vorpommerns, besonders die Inseln Rügen und Usedom in Eispisten verwandelt hatte. Plusgrade in der Luft heißen eben nicht, dass der Boden auch schon komplett aufgetaut ist. So ging es nach dem Frühstück eben äußerst vorsichtig in Richtung Peenemünde, das ja auf der Insel Usedom liegt. Dort gibt es das Historisch-Technische Dokumentationszentrum zu besichtigen.

    Im Dritten Reich entwickelten Ingenieure unter Wernher von Braun das erste vom Menschen erbaute Gerät, das in den Weltraum vordringen konnte. Es handelt sich hierbei um die Rakete namens Aggregat 4, besser bekannt als V2, oder Vergeltungswaffe 2. Das Museum dokumentiert sehr anschaulich die Geschichte dieser Waffe. Aufgeteilt in zwei Stockwerken wird im ehemaligen Kraftwerk des Geländes alles von den Anfängen des Raketenbaus über die ersten Tests bis zur unmenschlichen Massenproduktion, bei der Unzähliige Zwangsarbeiter und KZ-Häftlinge ihr Leben ließen, dargestellt. Ebenso wurde selbstverständlich die todbringende Wirkung der Rakete ohne Vorwarnung beleuchtet - ein neues Zeitalter der Kriegsführung hatte begonnen - auch ohne entscheidende Auswirkungen auf den Ausgang des 2. Weltkriegs.

    Im 2. Teil der Ausstellung wurde dann auf die weitere Geschichte des Raketenbaus und seine zivilen und militärischen Folgen näher eingegangen. Am Anfang standen wiederum auch hier militärische Anwendungen - es ging darum, Interkontinentalraketen für Atomsprengköpfe zu bauen. Erst danach kamen der Transport von Menschen in den Weltraum und wissenschaftliche Anwendungen. Insgesamt eine außerst interessante Ausstellung, welche die zwei Seiten des wissenschaftlichen Fortschritts klar benennt. Meistens war der Motor hierfür das Militär und nicht etwa altruistische Wissenschaftler.

    Am Nachmittag führte mich mein Weg wieder zurück in Richtung Stralsund. Ich wollte unbedingt noch das im letzten Jahr neu eröffnete Ozeaneum besuchen. Der zunächst verhältnismäßig teure Eintritt von 14 Euro rechtfertigt sich aber immer mehr, je weiter man in das Innere der Ausstellung hineingeht. Nach den hervorragend aufgemachten Informationstafeln zu den Weltmeeren, kann man Aquarien mit typischen Tier- und Pflanzenarten aus einem speziellen Gebiet der Nord-. und Ostsee bewundern. Besonders angetan hat es mir der Helgoland-"Unterwassertunnel" und das riesige Panoramabecken für Fischschwärme. Den perfekten Abschluss des Rundgangs bildet die Ausstellung "1:1 - Riesen der Meere", die in Zusammenarbeit mit Greenpeace entwickelt wurde. Hier kann man riesige Meeresbewohner wie etwa den Blauwal in Lebensgröße an der Decke hängen sehen. Einfach unglaublich - man macht sich keine Vorstellung wie groß so ein 35 Meter-Tier wirklich ist, bevor man den hier gesehen hat (oder eben man hat schonmal einen "echten" gesichtet). Kurz: Man geht hier mit vielen gewonnenen Erkenntnissen aus der Ausstellung und sieht die Meereswelt auf jeden Fall mit etwas anderen Augen. Also: auch mal hinfahren!

    So, es ist ein wirklich langer Text geworden, also Danke für das Lesen bis hierher! Morgen geht es wieder in Richtung Heimat, auch wenn da noch ein kleiner Zwischenstopp eingeplant ist.

    Die Ästhetik des Totalitären

       

      Vor über drei Jahren habe ich mich an dieser Stelle schon einmal über die wahnwitzige Ästhetik des Totalitären in Gestalt des Valle de los Caidos ausgelassen. Die Nationalsozialisten in Deutschland standen bekanntermaßen den Spanischen Faschisten in nichts nach. Einige Protz-Bunker in Nazi-Barock stehen ja noch - was Hitler und seine Getreuen aber im Endausbau einmal geplant hatten, lässt sich jedoch wohl am besten an den Plänen zur Welthauptstadt Germania nachvollziehen. Es ging eben um die Zurschaustellung der eigenen Macht, um Gleichschaltung der Massen und nicht zuletzt um Einschüchterung.

      Was ich aber bis heute nicht wusste: Das Konzentrationslager Sachsenhausen, das ich heute besucht habe, wurde auf dem Reißbrett offensichtlich auch mit diesem Ziel geplant und umgesetzt. Das Gelände atmet heute noch einen Geist der Unterdrückung und der absoluten Macht der Peiniger über ihre Opfer. Unter einer strahlenden Wintersonne betrete ich den Kommandanturbereich des Lagers und bin beinahe überwältigt, wie friedlich es doch aussieht - rechte Hand das neue Museum, linke Hand ein kleines Wäldchen mit schneebedeckten, etwas schief stehenden Bäumen.

      Ein paar Schritte weiter befindet sich allerdings der Eingang zum Häftlingslager mit den bekannten zynischen Worten "Arbeit macht frei". Hinter dem Tor verschlägt es mir erstmal den Atem. Ich stehe auf dem ehemaligen Appellplatz und male mir aus, wie das ausgesehen haben muss, mit den im Halbkreis angeordneten Häftlingsbarracken, auf denen die Tugenden geschrieben standen, die den Opfern angeblich die Freiheit bringen sollten. Heute läuft man direkt auf das riesige DDR-Mahnmal zu, das ebenfalls einen gewissen totalitären Geist atmet - nur eben mit anderen politischen Vorzeichen...

      Ein Rundgang durch das Gelände offenbart die unvorstellbaren Grausamkeiten, welche die Menschen im Dritten Reich ihren Millionen Opfern anzutun bereit waren. Angefangen von den alltäglichen Erniedrigungen in den Baracken bis hin zum Erschießungsgraben und der "Station Z" (Z symbolisierte als letzter Buchstaben im Alphabet auch die Endstation im Leben vieler Gefangener).

      Viel mehr gibt es zur Gedenkstätte nicht zu sagen - man muss das Gelände und natürlich die Informationen und Ausstellungen dort auf sich wirken lassen. Es ist eine Mahnung für die Zukunft. Nie wieder Sachsenhausen, nie wieder Dachau, nie wieder Auschwitz, nie wieder...!

      Auf der Wartburg

         

        Die vierte Woche meines Urlaubs bricht so langsam an und ich konnte mich endlich dazu aufraffen, ein wenig aus dem Trott rauszukommen und durch die Lande zu touren. Die erste Station war heute Eisenach mit dem Wahrzeichen Wartburg.

        Relativ spät losgefahren war ich erst kurz nach Mittag am Ziel. Bei dem wunderschönen Wetter heute störte im warmen Auto aber nichts, der Blick auf das Außenthermometer offenbarte stets Temperaturen unter dem Gefrierpunkt - zwischen -8° C und -4° C war alles vertreten. Zum Glück funktionierte die Heizung prima. :-D

        In der Wartburg war wie erhofft so gut wie nichts los. Gerade einmal ein halbes Dutzend Leute kreuzten meinen Weg zum Ticketschalter. Dort war der einzig verfügbare Angestellte erstmal in sein Handy vertieft, bis ich nach offensichtlich erfolgreichem Absetzen seiner SMS seine ungeteilte Ausmerksamkeit hatte. 7 Euro ärmer und ein Stück nett bedrucktes Papier reicher galt es noch gut 20 Minuten auf den Beginn der Führung zu warten. Im Innenhof erwartete mich ein traumhaftes Panorama rund um die Wartburg ganz in Weiß bei strahlendem Sonnenschein. Meine eierlegende Wollmichsau alias Multimedia-Handy fütterte so die einliegende Speicherkarte noch mit einigen schmucken Fotos, während insgesamt gut zwei Dutzend Leute auf Einlass an 'Eingang 1' in der Kälte ausharrten. Einzelne Gesprächsfetzen von offensichtlich erfahrenen Wartburg-Touristen und die anderen vorhandenen Eingänge ließen darauf schließen, dass im Sommer doch ein wenig mehr Touris diese schmucke Burg besuchen. ;-)

        Der Führer (nein, nur der uns durch die Burg gescheucht hat ;-)) war offensichtlich außerordentlich guter Laune (oder ein außerordentlich guter Schauspieler) und brachte uns einen Witz nach dem anderen garniert mit der Geschichte der Burg und des Landes Thüringen nahe. Der Palas und eben die Führung ist jeden Cent wert, den ich zu Beginn abdrücken musste. Jetzt weiß ich zumindest, wer die Hl. Elisabeth war, warum die Durchgänge in der Burg so eng sind, warum es den Sängerkrieg schon vor In Extremo gab, warum die Wartburg so heißt und was das Ganze von der DDR-Marke abgesehen mit einer Autoinspektion zu tun hat...

        Im Anschluss an die Führung gab es dann noch die Look-Yourself-Tour durch Museum und am Ende durch die Lutherstube . Diese darf man ohne Übertreibung als den Geburtsort der deutschen Sprache, wie wir sie heute kennen, bezeichnen. Hier hat Martin Luther das neue Testament ins Deutsche übersetzt, als er als "Junker Jörg" unter dem Schutz des Kurfürsten auf der Wartburg gelebt hat.

        In kleinen Schritten bewegte ich mich danach wieder zurück in Richtung Parkplatz. Es wurde langsam aber sicher auch gefühlt verdammt kalt, zudem wollte ich vor Einbruch der Dunkelheit in die Stadt und in der Jugendherberge meine Sachen abstellen. Dort angekommen offenbarte mir der Zivi bei der Anmeldung, dass ich heute der einzige (!) Gast sei. Und das in dieser mondänen Villa am Fuße der Wartburg! Bei der Kälte gehen offensichtlich nicht mal Backpacker auf Tour...

        Kurz vor Einbruch der Dunkelheit konnte ich dann noch das Burschenschaftsdenkmal auf einer kleinen Anhöhe besichtigen. Es erinnert in eindrucksvoller und leicht pompöser Weise an die erste Forderung nach einem einigen Deutschland und einer freiheitlichen Verfassung im Jahre 1817, als Burschenschaftler aus den deutschen Staaten auf der Wartburg das erste "Wartburgfest" gefeiert haben.

        Bei Vollmond und gefühlten minus 20 Grad zog es mich dann doch noch in die Innenstadt, die neben Bach- und Lutherdenkmälern vor allem die Georgenkirche zu bieten hat. Die Begeisterung hielt nicht lange, auf der Suche nach einem warmen Plätzchen für Speis und Trank fiel mir auf dem Marktplatz ein nett eingerichtetes Lokal namens Zucker und Zimt auf. Ein plötzlich auftretender Heißhunger auf Süßes führte mich also hinein. Und hier gibt es nur eins zu sagen: Muss unbedingt wieder hin! Ich hatte hier vielleicht die beste heiße Schokolade, die ich bisher genießen durfte. Dazu einen Milchreis mit Waldbeeren, der meine eingefrorenen Geschmacksnerven wahrlich zum Explodieren gebracht hat. Und es ist wohl alles Bio! Der Wermutstropfen: Die Karte war noch so lange und interessant, dass man wahrscheinlich in einer Woche noch nicht alles durchgetestet hätte. Und ich hatte keinen Hunger mehr...

        Zurück in der Jugendherberge musste ich meine Speicherkarte aus den gierigen Klauen meines neuen Kartenlesers befreien, der wohl mit 16GB-Karten nicht umgehen kann. Mindestens zwei Bilder sind dem zum Opfer gefallen, ich hoffe, sonst funktioniert noch alles. Die Eindrücke von heute konnte ich auf jeden Fall dann drahtlos in Sicherheit bringen. Online zu bewundern sind sie dann erst, wenn ich eine halbwegs stabile UMTS-Verbindung aufbauen kann. Mit Modem-Geschwindigkeit aus dem letzten Jahrtausend macht das Bilder hochladen nicht wirklich Spaß, dafür geht das Texte schreiben super.

        Morgen dann hoffentlich mehr, es geht in Richtung KZ-Gedenkstätte Sachsenhausen!