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2x Krieg der Welten

Mal ausnahmsweise mitten in der Woche wieder was Neues. Diesmal gleich zweimal zum "Krieg der Welten".

Zu Beginn was über den Film mit Mr. Scientology über den Angriff von Marsianern. Es gibt ja kontroverse Meinungen zu dem Film. Böse Kritiken gab's, weil niemand eine Rezension vor dem Kinostart veröffentlichen durfte usw. Manche halten ihn für göttlich, andere für unterirdisch.

Und ich? Ich weiß nicht so richtig. Nachdem ich mir heute die V.O.S.E. (-> ist nicht allzuschwer rauszubekommen ;-)) angeschaut hatte, bin ich noch etwas zwiegespalten, je mehr der Film "reift", desto mehr halte ich ihn für einen der Highlights dieses Jahres. Gut, man kann die dünne Story und das Ende bemäkeln, aber in dem Fall schaut euch einfach mal das Buch und die Originalgeschichte an. Auf der anderen Seite muss ich Spielberg wirklich sehr viel zu Gute halten. Ach ja: Wer nicht so viele Details wissen möchte, scrolle runter und mache beim zweiten Krieg der Welten weiter.

=====SPOILERGEFAHR=====

Zunächst einmal fallen die vielen Anspielungen auf den 11. September und die Ami-Mentalität POSITIV auf, was ich vorher nicht gedacht hätte. Hier kracht ein Flugzeug in das Haus von Tom Cruise, der Sohn verharrt ewig vor dem Trümmerhaufen. Tom Cruise ist nach dem ersten Angriff mit (ehemals menschlichem) Staub übersät. (was man sowohl auf die Nazi-KZs als auch auf 9-11 beziehen könnte) Dann fliegen später Papierfetzen durch die Gegend, nachdem die Aliens die Landschaft mit ihren Lasern plattgemacht hatten. Kommt alles ziemlich bekannt vor, nicht?
Zur Mentalität: Die kleine Tochter fragt ihren Daddy, wo die riesigen Maschinen herkommen. Cruise antwortet, die kommen von wo ganz anders her. Die Tochter fragt: "Woher denn, aus Europa?" Cruise: "NEEIIIN". Das ganze Kino liegt vor Lachen fast am Boden, während auf der Leinwand weiter Menschen zerbröselt werden. (Wie hat der in Spanien nur die Zulassung ab 13 Jahren bekommen?)

Gut, das mag ganz nett sein, was aber wirklich klasse ist: Der Film zeigt in allen Finessen die Entwicklung der menschlichen Psyche im Angesicht der Apokalypse. Da erschießen sich die Leute gegenseitig, weil sie an das einzige funktionierende Auto weit und breit rankommen wollen. Ein vorbeirasender Zug mit lichterloh brennenden Abteilen wird nur noch registriert, weil die Leute an den Bahnschranken warten müssen. Dabei bleibt die Kamera den ganzen Film über auf Cruise fixiert, nie kommen für länger als vielleicht ne halbe Minute andere Charaktere ausschließlich ins Bild. Eine Charakterstudie par excellence.

Das Ende ist bekannt, wenn man die Original-Geschichte kennt, eine dementsprechend geringe Rolle spielt zum Glück auch das Militär, das zwar schweres Gerät auffährt, aber im Endeffekt auch nix ausrichten kann. Also keine Änderung der Geschichte "zugunsten" von pseudo-patriotischem Gesülze. Danke, Spielberg!
Fazit: Für jeden, der gerne was in Filme reininterpretiert und ein bisschen was drüber nachdenken möchte, ist der Film ein Pflichtbesuch. Alle, die einen No-Brainer-"Wir-treten-den-Aliens-in-den-Arsch"-Film sehen wollen, sollten sich lieber nochmal Independence Day reinziehen. :-D

=====SPOILERGEFAHR ENDE=====

Nun zum zweiten Krieg der Welten. Der ist ganz irdisch, wird jedoch auch mit ganz "unterirdischen" (Film gucken ;-)) Argumenten geführt. Auf der einen Seite die Welt einer liberalen und freien Gesellschaft, auf der anderen Seite die Welt eines mittelalterlichen Gesellschaftsbilds, das beispielsweise immer noch nicht wahrhaben will, das Homosexualität keine Krankheit ist. Ich hab ja neulich schon mal ne kleine Bildergalerie davon gezeigt. Es geht darum, dass in Spanien seit heute die Homo-Ehe der Hetero-Ehe absolut gleichgestellt ist. Die Konservativen schreien nach dem Verfassungsgericht und die Katholische Kirche nach der Hölle für die Sozis und alle Homos dieser Welt. Da sag ich nur: Willkommen im 21. Jahrhundert! Ich war erstmal erstaunt, wie schnell hier in Spanien die neue sozialistische Regierung auch die gesellschaftlichen Reformen anpackt und auch umsetzt. Beide Daumen hoch! Das alles trotz nominell 94% Katholiken im Land. Gut, die müssen hier auch keine Kirchensteuer zahlen. :-D Da fällt mir ein, ich muss nach meiner Rückkehr noch auf's Einwohnermeldeamt, das hat ja vor Spanien nicht mehr ganz gereicht... ;-)

Euch allen, die das noch lesen, ein schönes Wochenende, vielleicht fahre ich nach Ávila, beim Vorbeifahren letzte Woche war die protzige Stadtmauer doch zu beeindruckend um dieses Städtchen zu ignorieren...

Universitas Studii Salamantini

     

    Diesen Samstag verschlug es mich per Zug in die altehrwürdige Unistadt Salamanca und muss sagen: es ist bis dato das geheime Highlight meines Spanienaufenhaltes! Aber alles der Reihe nach. Nach zwei Stunden Fahrt über weite Felder und fast menschenleere Landschaften begüßte mich ein riesiger Frosch auf dem Bahnhof in Salamanca. Für alle, die die Geschichte nicht kennen: An der Fassade der alten Universität versteckt sich irgendwo ein kleiner Frosch. Wer ihn entdeckt, kann mit Liebesglück, guten Noten, Gesundheit usw. rechnen. Im Laufe der Zeit wurde der Frosch so zu einer Art Maskottchen von Salamanca.

    Nach den unmenschlichen Temperaturen vergangene Woche in Toledo war ich angenehm überrascht, dass es um 11 Uhr noch sehr angenehme 22 Grad hatte. Also habe ich mich per pedes kurzerhand ins Zentrum aufgemacht, um mich im Touri-Büro erstmal mit einer ordentlichen Karte zu versorgen.

    Mein erstes Ziel war natürlich die Universität. Auf dem Weg dahin war ich verwundert, dass überall in den Straßen Puppen rumhingen, war wahrscheinlich wegen dieses Kunstfestivals, auf das mich der Frosch am Bahnhof schon dezent hingewiesen hatte. Dort angekommen habe ich einen sehr großen Frosch schon gesichtet, der lag schlafend in der Mitte eines Platzes, der dem heimlichen Patron der Uni gewidmet ist. Der hatte nach 5 Jahren Inquisitions-Knast seine Vorlesungen mit den Worten "Wie wir bereits gestern gesagt haben" fortgesetzt... Nun gut, ich dachte mir, diese Statue kanns nicht gewesen sein und schwenkte meinen Blick auf die herrliche Fassade. Ein Spanier hinter mir rief schon: "Ich hab ihn gefunden!" - "Da ist er!" - "Da auf dem ersten Kopf...!" Gut, von da war es auch nicht mehr schwer, den ausführlichen Beschreibungen des Spaniers für seine Familie zu folgen und schon hatte ich dieses kümmerliche Etwas auch entdeckt. Winzig klein und kaum zu erkennen. Für ein ordentliches Foto hätte ich glaube ich 10x Zoom gebraucht, ich hab's trotzdem versucht, schaut einfach mal in die Bildergalerie.

    Im Anschluss daran dann rein in die Uni und die geschichtsträchtigen Mauern bewundert. In der Uni-eigenen Kapelle fand gleichzeitig noch eine Hochzeit statt. Zugegeben: Eine super Kulisse zum Heiraten! Nach einem erstaunten Blick in die Unibibliothek gings dann in die protzige Kathedrale gleich nebenan.

    Die ist einfach wahnsinnig groß, außerdem um ein vielfaches schöner als beispielsweise das alte Kloster von El Escorial. Aber schaut selbst. Die Bilder können wie immer nur einen kleinen Eindruck davon vermitteln, wie schick das Bauwerk wirklich ist...

    In der Mittagspause (also um kurz vor drei) ging's dann mal runter zum Fluss mit einem wunderschönen Ausblick auf die Landschaft und natürlich die Stadt.

    Im Reiseführer habe ich dann noch was von einem Astronauten an der Pforte zur Kathedrale gelesen. Den musste ich natürlich auch noch suchen und finden. Es gibt ihn wirklich, Kompliment an die Kreativität der Restaurateure. :-D

    Am Nachmittag machten sich dann langsam die Auswirkungen der Geburtstags- und Abschiedsparty eines Kollegen aus Mexiko am vergangenen Abend bemerkbar. Die Füße beschwerten sich nach jedem Schritt und ich wurde trotz (oder wegen ;-)) 4-stündigen Schlafes in der Nacht und kurzem Dösen im Zug hundemüde. Trotzdem musste ich mir noch die zwei schönsten Konvente der Stadt anschauen, auch hier nur ein Kommentar: Erstklassig und wunderhübsch!

    Auf dem Weg zurück zum Bahnhof ging es dann ausnahmsweise mal Souvenirs kaufen und zwar im Unishop. Die schicken T-Shirts waren leider ausverkauft (nur noch so Allerwelts-Unishirts), dafür fiel mein Blick auf die Anstecknadeln, jeweils eins für jedes Fach, das man studieren kann. Ich denk mir: Macht sich schick am Anzug für die A***-Prüfung, jetzt hieß es nur noch sich entscheiden! Es gab eins für Wirtschaftswissenschafen und eins für Informatik, aber eben nix für Wirtschaftsinformatik. Diejenigen, die mich auch nur halbwegs kennen, wissen, was ich mir ausgesucht habe. ;-) Neben der Tux-Krawattennadel habe ich jetzt ein weiteres unverwechselbares Accessoire, wenn mal ein etwas förmlicherer Auftritt angesagt ist...

    Am Ende bleibt nur zu sagen, wenn ich das vorher schon gewusst hätte, wäre ich glaube ich gleich nach dem Abi nach Salamanca abgehauen, aber wer weiß, vielleicht bietet sich die Chance noch...

    Feiertag

    Der 20. Juni wird jetzt offiziell als persönlicher Feiertag in meinem Kalender eingetragen. Als ich heute meinen Schlepptop angemacht habe, hab ich mal spaßhalber wieder in der Netzwerkliste geschaut und erspähte beim Netz von einem meiner Nachbarn in der Rubrik "WEP" plötzlich ein "No".
    Ein ungläubiger Klick auf Connect und ein kurzes Warten auf meinen DHCP-Client bestätigte es mir: Mein Nachbar hat sein WLAN aufgemacht und Onkel Sebastian ist seit 6 Wochen endlich mal wieder mit seinem Schlepptop online.
    Ich hoffe, dass er das entweder so lässt, bis ich gehe, oder einfach bis dahin nicht merkt...

    Und noch ne kurze Anekdote aus dem deutschen Buchladen hier in Madrid, dem ich heute mal wieder einen Besuch abgestattet habe. Hier der Dialog aus dem Gedächtnis:
    Ich: "Guten Tag, haben Sie denn schon das neue Buch von Joschka Fischer da?"
    Die Dame: "Haben Sie denn bestellt?"
    Ich: "Nein, aber ich dachte, Sie hätten vielleicht ein paar Neuheiten da. Dann würde ich das gerne bestellen."
    Die Dame: "Gut, dann schauen wir mal."
    -- geht an den PC --
    Die Dame: "Mit 'k' oder mit 'c'?"
    -- ich bin kurz verblüfft, denke mir aber weiter nix dabei und antworte mit "k" --
    -- sie tippt langsam f-i-s-c-h-e-r-,-o-s-k-a-r ein und ich bin platt, entweder ich rede zu undeutlich oder die Dame kennt nach jahrelangem Exil wirklich unseren Außenminister nicht, traurig, traurig.
    -- Ich sage nochmals geduldig "Joschka, der Außenminister" und nach zweimaligen ergebnislosem Suchen und einer immer misslaunigeren Dame hat sie es endlich gefunden und überbringt mir die frohe Kunde, dass ich es kommende Woche abholen kann.
    Na, ich hoffe, sie wirft wenigstens mal einen Blick rein oder liest mal wieder eine Zeitung. Könnte natürlich auch sein, dass sie unsern Joschka nicht kennen will...vielleicht sollte ich das nächste Mal ne taz "liegen lassen". :-D

    Die Stadt der drei Kulturen

       

      Auch am vergangenen Wochenende ging es wieder auf Tour, dieses Mal wieder mit Adolfos kompletter Familie, und zwar nach Toledo, der Stadt der drei Kulturen. Gut, man könnt einwenden, wozu da hinfahren, wenn wir in Mannheim mindestens doppelt so viele haben. ;-) Wer aber so was behauptet, war entweder noch nie in Toledo, oder betrachtet auch die Waffengeilheit der Amis, deren Paranoia und „United we Stand“-Gebrabbel als Kultur. :-D

      Aber zurück zum Thema: In Toledo treffen Christentum, Islam und Judentum aufeinander, Kirchen, Moscheen und Synagogen wechseln einander hab. Freilich noch aus einer Zeit, in der diese noch friedlich zusammengelebt haben, bevor Muslime und Juden rausgeworfen wurden.
      Aber von vorne: Auch in Toledo gibt es einen „Alcazar“, also eine muslimische Trutzburg, der ist zwar nicht ganz so hübsch wie der in Segovia, aber mindestens genau so protzig, aber war leider nicht geöffnet...

      Durch die typischen kleinen und verwinkelten Gässchen (man verirrt sich trotz Karte sehr leicht) gings dann zur Kathedrale, wo praktischerweise gleich noch eine riesige Ausstellung über Isabel, eine der „Reyes Católicos“ aus dem 15. Jahrhundert. Zu sehen waren Stücke aus allen möglichen Museen der Umgebung, darunter das Siegel der spanischen Inquisition und viel Kunst u.a. von „El Greco“, dem „stadteigenen“ Künstler, den es nach Toledo verschlagen hat, nachdem er es sich mit den königlichen Chefs in Madrid verscherzt hatte, weil ein Bild von ihm nicht blutrünstig genug war, sondern noch was zum Nachdenken geboten hat. Sympathischer Kerl! Dazu gab's einige Teile der Kathedrale zu bewundern, die sonst niemals geöffnet sind. Wunderhübsch, leider waren nirgendwo Fotos (nicht mal ohne Blitz) erlaubt und dem Schicksal einiger japanischer Touris, die trotz eindeutiger Aufforderungen und Schilder munter geknipst hatten und dann nach langer Diskussion nur knapp einem Rauswurf entgingen, wollte ich dann doch entgehen. So gibt's fast nur Bilder von außen, bewundert bitte die Uhr mit nur einem Zeiger. ;-)

      Weiter ging's dann vorbei an historischem Gemäuer zu einer Aussichtsplattform, die einen wunderhübschen Blick auf den Tajo mit dem Hinterland bietet. Danach war dann das Judenviertel angesagt, hochinteressant, leider gilt auch hier in Sachen Fotos das gleiche wie in der Kathedrale.
      Nach dem Mittagessen wurde die Hitze dann langsam unerträglich, ab 10 Uhr bei 32-38 Grad halten nicht mal die Spanier den ganzen Tag aus. Nachdem wir dann noch die schmucken Stadttore angeschaut hatten und nach längerer Suche die alte Moschee nicht gefunden hatten (wie auch etwa ein Dutzend anderer Touris, die rumgeirrt sind) haben wir uns wieder auf den Weg zum Parkhaus gemacht. An einem gewissen Punkt in Sachen Hitze kann man selbst die schönsten Sachen nicht mehr genießen, weil man nur noch an „Was für ne Mörderhitze“, „Wasser“ und „Schatten“ denkt. Der arme Hund gegen Ende der Bildergalerie verdeutlicht so ungefähr unseren Zustand. Meine Konsequenz: Ich fahre diesen Sommer nicht mehr in den Süden Spaniens, auch wenn es da noch so schöne Sachen zu bewundern gibt. Rund um Barcelona und im Norden soll es auch ganz schon sein. :-D
      Im Parkhaus haben wir dann noch überlegt, was „Pay on foot machines“ (siehe Bild) sein sollen. Wenn das wirklich eine korrekte (aber dann extrem merkwürdige) Übersetzung für Parkautomaten sein sollte (native speaker bitte hierher), nehme ich alles zurück, ansonsten haben die Spanier einfach ein besonderes Englisch drauf. ;-)

      Zurück in Madrid habe ich mich noch dazu aufgerafft, an der Puerta del Sol eine aktuelle deutsche Zeitung zu kaufen. Als ich aus der U-Bahn rauskam und wieder Tageslicht erblickte, traute ich meinen Augen nicht: Der ganze Platz voller Menschen, eine Riesendemo, wie sich nach einem flüchtigen Blick auf einige Plakate herausgestellt hat, offensichtlich gegen die Homoehe. Lauter spanische Fahnen und Ballons mit Slogans wie „Die Familie ist wichtig!“ und „Ehepaar = Frau + Mann“ waren sehr beliebt. Putzig fand ich die Plakate mit nem kleinen Baby und dem Spruch: „Zapatero hatte Mutter und Vater, wieso ich nicht?“ Ich weiß jetzt nicht genau, ob es hier auch noch gegen die Adoption von Kindern durch Homo-Paare ging, wenn nicht, sollte den Nasen vielleicht mal jemand erklären, dass es immer noch gewisse biologische Grenzen gibt. lol

      Nun gut, ich hab mir die „Zeit“ gekauft und bin wieder nach Hause verschwunden. Darin jede Menge Artikel zum Thema China. Hochinteressant und mit vielen Informationen, wenn sie sich auch so lesen, als ob sie direkt aus dem Propagandaministerium der Chinesen kommen. Ganz nach dem Motto: Wollt ihr absolute Forschungsfreiheit ohne störende ethische Vorschriften: Kommt zu uns! Wollt ihr willige und eine stetig wachsende Anzahl von Arbeitskräften, die für 40 Cent pro Stunde arbeiten? Kommt zu uns! Habt ihr störende Umweltgesetze satt? Kommt zu uns! usw.
      Also eine absolute Empfehlung für die Leute, die die tollen Wirtschaftsthemen aus dem diesjährigen International Seminar bearbeiten müssen...

      Der Sonntag ist kaum erwähnenswert, die Wohnung wurde mal wieder generalüberholt und mein aktuelles Buch fertiggelesen. „Götterdämmerung“ von Tanja Kinkel. Ein Thriller rund um die Macht der Pharmakonzerne und übersteigerten Patriotismus im Amiland. Gut recherchiert, ein spannendes Buch mit überraschendem Ende. Mein letztes Buch „Jennifer Government“ war zwar sehr witzig mit deutlicherer Kritik am sich abzeichnenden Way of Life im 21. Jahrhundert, dafür aber bis zum Ende berechenbar. Beide lesenswert!

      Spaniens Größenwahn

         

        Hallo wieder mal. Auch die letzten Tage waren wieder recht ereignisreich, beginnen wir mal mit zwei weiteren Filmen auf dem deutschen Filmfestival, die ich mir noch gegönnt habe. Hinter dem Titel „Die Edelweißpiraten“ könnte man jetzt allerhand vermuten, vom Heimatfilm bis zum deutschen Remake vom „Schatz der Karibik“, ist es aber alles nicht. Dabei geht's um die gleichnamige Widerstandsgruppe im 2. Weltkrieg, die ausschließlich aus Jugendlichen bestand. Und es ist kein üblicher Doku-Quark à la „Hitlers Klassenkameraden“, sondern ein richtig deftiger Film, der das Dritte Reich in all seinen grausamen Details zeigt. Nach den 90 Minuten bin ich leicht verstört aus dem Kino rausgegangen, das hat noch kein Film vorher geschafft. Dem Regisseur habe ich dann nur zu gerne persönlich gratuliert.

        Als dritten Film gab's dann noch leichte Kost am Freitag: „Alles auf Zucker!“ Eine klasse Komödie über einen gescheiterten Ost-Spielertyp und ein ultraorthodoxer West-Jude, deren Familien nach dem Tod der gemeinsamen Mutter unter jüdischen Spielregeln zusammenfinden müssen, um an die Erbschaft zu kommen.

        Samstag dann wieder das leckere spanische Essen bei Adolfos Familie. Hierbei gleich die Einladung, am Abend (also ab etwa Mitternacht) mit seinen Freunden zu feiern, die das Abi (spanisch: selectividad) gerade hinter sich gebracht haben. Auf meinen Einwand, dass ich Sonntag nach Toledo wollte, ganz locker: Dann fahren wir eben kommenden Samstag alle nach Toledo, da habe ich dann natürlich gleich zugesagt. :-D

        Ja, die Nacht war dann wirklich lustig. Anzumerken ist, dass die Mädels und Jungs das Ganze im Stadtteil Chueca gefeiert haben. Nach wenigen Minuten wurde mir klar, wieso das ein bisschen ein „anderer“ Stadtteil ist... Mein erster wirklicher Kulturschock! ;-) Gut, erstmal ein bisschen „Club-Hopping“ gemacht, das Jungvolk hat sich so gegen zwei vom Acker gemacht, ich bin dann so gegen drei übelst müde geworden. Verdammt, ich bin das einfach nicht gewöhnt. Dafür war's wirklich mal was anderes, außerdem ein sehr günstiger Abend, mein einziges Getränk gab's vom Barkeeper geschenkt. Ist mir in Deutschland noch nicht passiert, vielleicht besuche ich die falschen Bars...

        Zu Hause ist mir dann klar geworden, dass ich ohne konkrete Pläne am Sonntag wahrscheinlich den ganzen Tag im Bett oder in dessen Nähe verbringen würde, was ich eigentlich erst wieder in Deutschland machen wollte. :-D Also habe ich dann um halb vier im Reiseführer noch ein Alternativziel entdeckt: El Escorial, etwa 60 Kilometer von Madrid und bequem per Bus zu erreichen. Gut, Wecker auf 8 Uhr gestellt und morgens dann schlaftrunken um 10 Uhr mit dem Bus zum wohl bonzigsten Kloster Spaniens gefahren.

        Das Teil ist 210 Meter lang und der erste von zwei Protzbunkern des Tages. Nachdem ich mich durch Dutzende Rentner durchgekämpft hatte und dank meines BA-Ausweises (!) zu billigerem Eintritt gekommen bin, hab ich mir dann das schicke Innenleben angeschaut. Atemberaubend, was da alles rumsteht. Die besten Bilder aus der Gemäldegalerie findet ihr wie immer bei meinen Fotos, darunter blutrünstige Szenen, ein etwas dickes Jesuskind und ein spanischer König mit dicker Lippe. In einem Saal war die ganze Wand mit Schlachtszenen vollgepinselt. Orhan, schau mal auf die Fahnen, wer da gerade eingekesselt wird. :-D Nach einem Blick auf den Vorgarten gings dann in die Gruft, wo seit geraumer Zeit alle Ex-Königinnen und Ex-Könige in Sargschränken aufbewahrt werden. Nach einem kurzen Blick in die Bibliothek und die angeschlossene Kirche ging's dann langsam zum Valle de los Caídos (Tal der Gefallenen).

        Hier war Franco (der Fascho, der Spanien bis 1975 beherrscht hat) so großzügig und hat die Unterlegenen des Bürgerkriegs den zweiten Protzbunker des Tages in „freiwilliger Arbeit“ erbauen lassen. Natürlich zum Gedenken an alle Gefallenen des Bürgerkriegs. Nur eben komisch, dass nur Franco und sein Vorgänger vor dem Altar begraben sind und hier verehrt werden. Und das ist kein Scherz! Die Bilder vermitteln einen kleinen Eindruck davon, was für eine Stimmung in dieser „Basilika“ herrscht. Düster und martialisch. Der Eingang könnte aus Return to Castle Wolfenstein sein, danach ein langer Gang mit Wandteppichen mit Szenen aus der Apokalypse und Altären, die die Schutzpatronen des Heeres, der Luftwaffe, der Marine, der Gefangenen und die „des Beginn des Krieges“ verehren. Auf dem Altar ein riesiges Kruzifix, dahinter Francos Grab, schön mit einem Blumenkranz geschmückt und hintendran laufen die Omis und Opis vorbei, verneigen sich, bekreuzigen sich und fallen fast auf die Knie vor Ehrfurcht. Außerdem werden hier täglich Messen gefeiert. Das alles ist in Spanien kein Problem, wo immer noch ein Militärkrankenhaus und jede Menge Straßen nach Franco und seinen Spießgesellen benannt sind. „Vergangenheitsbewältigung“ mal anders.

        Ach ja: Auf den Bildern fällt Euch sicherlich das riesige Kreuz auf dem Berg auf. Ihr macht Euch keine Vorstellung, wie groß das wirklich ist. Kilometerweit zu sehen und man kann sogar mit einer Art Seilbahn hochfahren, um den Blick besonders genießen zu können. Den hatte ich schon vom Fuß aus, die 2,50 Euronen hab ich mir da gerne gespart. Zum Hochlaufen fehlte sowohl Zeit als auch Kraft (müüüüde) und besonders das richtige Schuhwerk.

        So, der Ausflug war absolut genial, einfach wahnsinnig, was die Spanier im Mittelalter und in der Neuzeit so hingestellt haben! Nur die Hintergründe des Spektakels nicht vergessen...

        So, ich gehe jetzt auch endgültig ins Bett, nach vier Stunden Schlaf und dem ganzen Tag auf den Beinen wundere ich mich eigentlich, wie ich das noch schreiben kann. Viel Spaß mit den Bildern und Impressionen von Spaniens beeindruckendem Größenwahn aus zwei ganz verschiedenen Epochen.